Samstag, 26. Mai 2018

Gone Fishing

Erst vor wenigen Tagen sah ich aus dem Fenster und beobachtete das letzte, treibende Eis auf dem Marsh Lake. Bis der ganze See eisfrei sein würde, sollte es noch einige Tage dauern.
Am Ufer tummeln sich nun die Sommergäste. Neben den schlafenden oder fressenden Schwänen, einigen Gänsen, auch Stockenten, Löffelenten und Gelbschenkel. Diese sind häufig zu sehen. Der Regenbrachvogel dagegen selten. Aber mit dem weiten, offenen Wasser kam mir die Idee, fischen zu gehen. Direkt vor der Haustür wollte ich nicht angeln. Da ich kein Handy oder Smartphone habe, konnte ich außerdem wenigstens für einige Tage dem Computer entfliehen. Für niemanden erreichbar. Mir war auch schon klar, wohin ich fahren wollte. Was ich nicht wusste, waren die Überraschungen, die mich erwarteten.
South Canol Road war mein Ziel. Zwar war die Schotterstraße noch geschlossen, doch an der Absperrung war einfach vorbei zu fahren. Rund 100 Kilometer nach Norden durch die Wildnis. Kleine Bäche flossen über die Straße. An mehr als 30 Stellen war zu erkennen, dass umgestürzte Bäume zersägt und weggeräumt worden waren. Keine Überraschung, warum die Straße noch gesperrt war.
Die Überraschung kam erst am Quiet Lake, meinem Ziel. Bis dorthin hatte ich kein einziges Auto gesehen. Der Campground war leer. Die bärensicheren Müllbehälter noch verschlossen. Nach 30 Minuten stand mein Zelt an einem schönen Platz, an dem ich die Eiskristalle klirren hörte. Eine ganz besondere Musik für meine Ohren. Ein Abschiedslied vom Winter.
Böiger Wind brachte das Eis stärker in Bewegung. An einigen offenen Stellen konnte ich fischen. Eichhörnchen zeterten von den Pappeln und futterten an den ersten Knospen. Ein kleiner Schwarm Finken schwirrte um mich, fingen kleine Mücken und die ersten Moskitos. Der jodelnde Ruf von einem Eistaucher hallte über den See. Ein Paar Gänsesäger schwamm nahe an mir vorbei und die Vögel tauchten geschickt unter den Eisschollen hindurch. Auch dafür war ich gekommen.
Mein Ausflug in die Wildnis ist jetzt gerade einmal zwei Tage her. Wir sind in diesem Jahr etwas spät, doch der kurze Frühling im Yukon wird bald schon vorbei sein.



































 

Mittwoch, 16. Mai 2018

Crane & Sheep Festival, Faro, Yukon, 2018

Der Krokus blüht, während tief unten der Yukon River noch von Eis bedeckt ist. Frühling im Yukon – da ist zelten angesagt. Kanadagänse watscheln noch über das Eis eines Sees. Die Bäche sind aufgebrochen, doch es ist noch zu früh, um zu fischen. Wir sind nun einmal später als normal in diesem Jahr.
Mein Ziel ist das jährliche Crane & Sheep Festival in Faro. Es findet immer in der ersten Woche im Mai statt. Warum eigentlich dieser kleine Ort am Pelly River?
Eine geologische Verwerfung zieht sich nordwestlich durch den Yukon. Von Watson Lake, an Ross River und Faro entlang, bis nach Dawson City und Alaska. Genannt wird er Tintina Trench (Graben) der wie ein Tal aussieht.
Kraniche orientieren sich daran, nutzen die starken Aufwinde, um Höhe zu gewinnen, was wie ein Chaos aussieht, bevor sie wieder ihre Formationen einnehmen. Niemand ist da besser als diese wunderbaren, lautstarken Vögel. Wenn die Voraussetzungen günstig sind, können sie an einem Tag bis zu 800 Kilometer zurück legen.
Doch auch andere Zugvögel fliegen hier nach Norden. Steinadler, Fischadler, Schneeammern, Kanadagänse, Schwäne. Aber vor allem die Sandhill Cranes – die Kraniche. Erwartungen hatte ich keine, denn über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen lässt das Spektakel kaum nach. Würde ich 1000, 2000, 5000 sehen können?
An einem Tag waren es 16 000, zwei Tage danach 10 000. In jedem Frühjahr ziehen rund 250 000 Kraniche über Faro hinweg.
Faro hat aber noch eine andere Sehenswürdigkeit. Nein, nicht die zwei Braunen mit ihren langen Beinen. Sie können ja auch nicht fliegen. Aber die Fannin Sheep sind eine Besonderheit. Es ist eine eigene Art mit einer ungewöhnlichen Farbvariante. Nach der letzten Eiszeit hat sich diese Schafart aus Dall Sheep und Stone Sheep entwickelt und in Faro gibt es nur rund 100 Tiere.